Warum weniger zu haben mehr ist. Warum es gut sein kann, wenn der Ehemann aus dem gemeinsamen Haus zieht und ich es trotz aller Zweifel schaffte, mit meiner Kreativität Geld zu verdienen. All das kannst du in dieser kleinen Zusammenfassung meiner wichtigsten Lebensstationen aus den letzten 25 Jahren lesen.
Mai 1997 – Ich lerne den wohl wichtigsten Menschen in meinem Leben kennen. Wichtig? Warum? Weil er mein Leben elementar beeinflusst hat. Mit seiner Fähigkeit auch mal um die Ecke oder in eine komplett andere Richtung zu denken, war es mein Mann Davis, der es mir ermöglichte an einem bestimmten Punkt aus meinem zu eng gewordenen Leben auszubrechen.
Irgendwann 2011 – „Wir zäumen das Pferd von der falschen Seite auf“, sagte Davis bei einem Spaziergang zu mir. Ich steckte zu diesem Zeitpunkt in einem Job, der mich fast an den Burnout brachte und ich hasste, was ich tat. Zeitweise hatte ich das Gefühl, mein Leben sei sinnlos. Zum x-ten Mal zerbrach ich mir den Kopf, mit welchem Job ich so viel Geld verdienen könnte, um nicht den Lebensstil ändern zu müssen. Aber warum eigentlich nicht? Die Lösung war seine Eingebung: Wir brauchen nicht viel Geld, wir brauchen weniger Kosten.
Ebenfalls 2011 – Wir fassten gemeinsam den Plan, unser Leben radikal zu ändern. Ein elementarer Faktor war unser Entschluss, das gemeinsame Haus zu verkaufen. Doch wohin sollten wir dann? Das war uns wichtig: Ruhe, keine direkten Nachbarn (schon gar nicht über oder unter uns), viel Natur für uns und unsere Tiere, möglichst günstig sollte es sein und es musste über einen sehr guten Internetanschluss verfügen. Also völlige Utopie! Oder auch nicht …
Oktober 2013 – Wir fanden ein kleines Haus. 40 Quadratmeter auf 2000 Quadratmeter Pachtgrund mitten in der Pampa. Mit einem DSL-Anschluss, der besser war als der alte in Bremen. Genug Natur für unsere drei Katzen und die Hündin Smilla. Jetzt wussten wir, wo die Reise hingehen wird. Wir hatten bereits vor Monaten begonnen uns von unserem Besitz zu trennen und gaben Vollgas. Von 124 qm + Keller + Dachboden auf schlichte 4 × 10 Meter – sportlich. Wir trennten uns von 75 % unseres gesamten Besitzes. Was für eine Befreiung! (Dass wir das neue Heim grundsanieren müssen, wussten wir zu diesem Zeitpunkt noch nicht …)
Frühjahr 2014 – Das Haus ist verkauft! Endspurt, denn Anfang November ist die Übergabe an die neuen Besitzer. Ich weiß, dass ich meinen gerade erst frisch angefangenen Job wieder kündigen werde. Meine KollegInnen, die froh sind, dass ich da bin, wissen von nichts. Ich habe ein schlechtes Gewissen, aber ich kann und ich will nicht mehr zurück.
01.11.2014 – Wir sind umgezogen und haben die Schlüssel übergeben. Ich bin erschöpft und glücklich … und aufgewühlt. Mein Leben dreht sich um 180 Grad. Von der Stadt aufs Land, von einer 40 Stundenwoche auf nicht arbeiten müssen. Von immer unter Strom auf Leerlauf. Von Verdrängung zu (zu) viel Zeit zum Denken. Die plötzliche Freiheit und die ungekannte Verbindung zur Natur um mich herum setzen ein Gedankenkarussell in Gang. Es kam so viel unverarbeiteter Mist hoch. Wahnsinn!
03.08.2014 – Davis schenkt mir eine Zeitschrift zum Geburtstag: Apotheke der Wildpflanzen. Zu diesem Zeitpunkt hatte ich bereits mein Faible für Wildkräuter entdeckt. Ich probierte alle möglichen Rezepte aus, Holunderblütensirup, Löwenzahngelee, Rotöl, Fichtennadelsirup, Tees, Tinkturen und vieles, vieles mehr.
01.10.2015 – Mein Pflanzenkurs in der Wildnisschule Teutoburger Wald begann. Ich hatte zu diesem Zeitpunkt einen kleinen Brot-Job, aber keine Ahnung was ich sonst machen sollte. Ich wollte gerne selbstständig sein, war aber „leider“ nur kreativ, baute Traumfänger und kleine Wunschwichtel. Aber wie du vielleicht weißt, kann man mit Kunst nicht viel Geld verdienen. Viel brauchte ich auch nicht, aber wenigstens sollte es die Kosten decken. Vielleicht Wildkräuterkurse? Vielleicht Handwerk verkaufen? Aber Traumfänger bekommt man bereits für 10 Euro bei Amazon und niemand war bereit, mehr als 30 Euro dafür auszugeben. Ich war … irgendwie lost.
Uns so besuchte ich erstmal einen einjährigen Pflanzenkurs und lernte unglaublich viel über unsere Natur und die Möglichkeit, mit und von ihr zu leben.
15.01.2016 – Mein Mann zieht aus! Als Davis mir Ende 2015 offenbarte, dass er wieder in die Stadt zurückmöchte und ihn der tiefe Wunsch treibt, einmal in seinem Leben allein wohnen zu können, traf mich das wie ein Schlag. Die nichtzutreffenden Vermutungen meiner Umwelt, à la: das ist nur der erste Schritt zur Scheidung, machten die Situation nicht besser. Ich vertraute ihm und ich wurde nie enttäuscht, aber der Gedanke das erste Mal in meinem Leben allein leben zu müssen brachten mich fast um den Verstand. Heute weiß ich, dass es das Beste war, was mir passieren konnte, denn ich lernte, dass ich mich auf mich verlassen kann.
20.06.2016 – Ich kaufe die Domain www.Kunst und Kraut.de. Irgendwas musste ich mit meiner Zeit anfangen. Ich stockte meinen Brotjob auf, um mein Leben selbst finanzieren zu können und fasste im April 2016 den Entschluss meinen ersten Blog zu starten. Ich rief Kunst und Kraut ins Leben. Ich baute weiterhin Traumfänger, fing Elfen und verpackte sie in Gläser und schrieb Artikel über die Kräuter aus der Natur um ich herum.
06.11.2016 – Der erste Handwerkermarkt wird ein riesiger Reinfall. Ich bin noch nie mit so viel Freude ins absolute Nichts gesprungen wie bei dem ersten Besuch eines Handwerkermarktes. Ich konnte von Glück sagen, dass ich zum Schluss die Standgebühren wieder drin hatte und um einige Erfahrungen reicher war. Erkenntnis des Tages: Das ist nichts für mich und die meisten Menschen wollen nur Schnäppchen machen.
03.02.2017 – Mein allererstes Video geht auf Facebook live. Bei einer Sichtbarkeit-Challenge von Katrin Hill war an Tag drei die Aufgabe ein Video zudrehen und online zu stellen. Einfach so, ohne hundertmal neu anzufangen, ohne anschließendes Bearbeiten. Mir ging so der Arsch auf Grundeis! Ich hatte bis 2015 noch ein Handy mit Tasten und jetzt sollte ich ein Video von mir für die Welt bereitstellen! Seid ihr alle irre? Ich tat es trotzdem. Raus aus der Komfortzone. Was soll ich sagen? Es hat so viel Spaß gemacht.
Ostern 2016 – Davis erzählt mir von einer Autoren-Onlinemesse. Ob es okay sei, dass er sich ein paar Interviews ansieht? Ich zucke mit den Schultern und nicke – ohne zu wissen, dass dieser Tag den Rest meines Lebens verändern wird. Wir sehen die Selfpublisherin Nika Lubitsch in einem Interview. Sie spricht über das Schreiben und die Selbstvermarktung. Ich höre zum ersten Mal davon, dass man Bücher selbst herausbringen kann. Sie sagt einen entscheidenden Satz: Wenn man ein Buch schreiben will, dann hilft nur eins: Schreiben.
So einfach soll das sein?
24.09.2019 – Mein Debütroman „Dorf ohne Gewissen“ erscheint. Ich habe in drei Jahren zwei Romanmanuskripte geschrieben und mich dazu entschlossen, das zweite als Erstes zu veröffentlichen. Im November 2019 ist es endlich so weit. Ich drücke auf Amazon den Veröffentlichen-Button und schlage die Hände vors Gesicht. Ich kann nicht glauben, was ich getan habe. Denn geglaubt, dass ich die Bücher wirklich zu Ende schreibe, habe ich anfangs nicht. Kann ich mich jetzt Romanautorin nennen?
20.11.2021 – Der zweite Roman „Sofies Verhängnis“ erscheint. Nachdem meine Lektorin mir gesagt hatte, dass die Story gut ist, der Aufbau so aber gar nicht geht, habe ich 400 von 500 Manuskriptseiten gestrichen, noch mal neu geplottet und die Story in neue Worte und Sätze gepackt. Mit großem Erfolg. Zwei Jahre nach dem ersten Roman erschien der zweite.
Die Rauhnächte 2021 – Während der Zeit zwischen den Jahren habe ich mich noch mal neu sortieren müssen, denn eine alte Leidenschaft kam wieder in mir hoch – die Wilde Küche. Ich kämpfte mit mir, denn ich wollte ja einfach nur Autorin sein. Da ich noch einen Brot-Job habe, einen Hund, einen Haushalt und eine Fürsorgepflicht für mich, ach ja, und einen Mann 😉, ist meine Zeit auch nur begrenzt. Was sollte ich also tun?
Heute – Ich entschied mich für eine zweite Internetseite und für einen aktiv bespielten Blog und so entstand diese Seite. Sie ist kein Vergleich mit meinem Blog auf Kunst und Kraut. Daran sehe ich, wie viel ich in den letzten Jahren in diesem Bereich gelernt habe.
Nun bin ich also Selfpublisherin, „Kräuterfrau“, Bloggerin und immer auf der Suche nach mehr Zeit.
Fazit
Ich liebe mein Leben und für kein Geld der Welt möchte ich in mein altes zurück. Verstehe mich nicht falsch, es ist gut, dass die Vergangenheit so ist wie sie ist, denn sie hat mich zu der Frau gemacht, die ich heute bin. Ich bin zutiefst zufrieden und ich wünsche jedem Menschen, dass er sich traut seinem Herzen zu folgen, wenn es nach Veränderungen schreit. Ich glaube, wenn man eine tiefe Sehnsucht unterdrückt, dann führt es zu Traurigkeit, Mutlosigkeit und einem Verlust an Lebenssinn.
Auch wenn es sich verrückt anhört, aber der Entschluss meines Mannes aus dem gemeinsamen Haus wieder auszuziehen, war der entscheidende Schritt, der es mir ermöglichte meine Konzentration ganz auf mich und meine Wünsche zu richten. War ich doch zeit meines Lebens jemand, der ständig um andere bemüht war und sich dabei selbst vergaß. Es gab mir Freiraum und versetzte mich in die Lage, meinen Fokus auf das Schreiben zu richten. Hätte ich mich gegen seinen Wunsch gesperrt, wären wir heute wahrscheinlich geschieden und ich wäre nicht so weit, wie ich heute bin.
Ich habe begriffen, dass man im Leben alles ändern kann, egal wie alt man ist. Seit dieser Erkenntnis habe ich weniger Angst vor Veränderung, denn auch ein „falscher“ Weg lässt sich immer wieder korrigieren.
Sei gut zu dir, hör auf dein Herz und sei die mutigste Person auf der ganzen Welt. Das Leben ist schön.
Deine Vanessa
Liebe Vanessa,
wie spannend ist das denn! Ich habe mich auch erst so richtig richtig auf die Socken gemacht, als mein Mann vor einem Jahr, mit „Auszeit“ und „Selbstfindung“ für sich, bei mir für Katastrophenstimmung sorgte. Sein Auslöser war eine Kündigung nach über 30 Jahren bei einer Firma und ein Neustart bei einer anderen Firma, gut 600 km von zu Hause weg. Er war endlich mal allein – weg von den eingefahrenen Strukturen und den ständigen Anforderungen an ihn, die er meinte, erfüllen zu müssen… Jetzt bin ich wieder aus dem Drama-Modus raus und erkenne, dass auch für mich eine Auszeit guttut. Mich mal nur um mich kümmern. Beste Chancen auf einen Neustart – egal wie.
Danke für diesen Beitrag!
BoomBoomBlog-Grüße
Rita
Liebe Rita,
danke für deinen Kommentar. Es ist so wunderbar, wenn man feststellt, dass auch andere Menschen verrückte Abschnitte in ihrem Leben haben und davon partizipieren.
Es ist bemerkenswert, wie gut eine „Katastrophe“ manchmal tun kann oder? Wenn man sich am Ende darauf einlässt und sich nicht grundsätzlich sperrt, kann das eine große Chance sein.
Liebe Grüße
Vanessa
Danke für den Einblick in dein Leben und werden. Super spannend. Das alles hast du mir noch nie erzählt. Ich vermisse jedoch nach wie vor das beste Rezept meiner lieblings Kräuterhexe.
Kräuterbrot 🤤
Ich konnte dir das noch nie erzählen … wir waren noch nie ein Bier zusammen trinken 😉
Das Kräuterbrot-Rezept reicht deine Lieblingskräuterhexe Pfingsten nach – versprochen❣️
Hallo Vanessa,
Kräuterfrau und Autorin und immer offen für Neues oder auch Altes. So fasse ich dich jetzt zusammen.
Ach ja, eine wichtige Frage habe ich noch: Ist in Löwenzahngelee Fructose drin?
Liebe Grüße
Ariane
Hallo Ariane,
da hast du mich richtig in einem Satz zusammengefasst 😊.
Zum Löwenzahngelee: Der Löwenzahn selber enthält nur wenig Fructose (pro 100g 0,56g), aber das Gelee ist mit Gelierzucker hergestellt. Wenn ich noch alles richtig im Kopf habe ist in dem Gelierzucker „normaler“ Haushaltszucker, der ja aus Saccharose, also je einem Teil Glukose und einem Teil Fruktose besteht. Ich bin keine Ernährungswissenschaftlerin, aber ich würde es nicht testen 😔
Liebe Grüße
Vanessa